Obwohl niemand eine Erklärung braucht, wer das war, assoziieren viele von uns Chopin hauptsächlich mit dem in vielen Büchern abgebildeten Denkmal im Łazienki-Park (Łazienki Królewskie), wo der geistesabwesende Komponist im Schatten einer vom Winde verwirrten Weide sitzt. Man sollte sich jedoch verdeutlichen: Wenn Fryderyk Chopin, ein weltberühmter Warschauer, jetzt gelebt hätte, hätte er zweifelsfrei Tausende Facebook-Fans gehabt.
Wunderkind
Fryderyk Chopin kam 1810 in Żelazowa Wola zur Welt. Das genaue Geburtsdatum ist jedoch unsicher, weil in den Quellen zwei verschiedene Daten auftauchen: 22. Februar und 1. März.
Die Chopins zogen nach Warschau um, als der kleine Fryderyk einige Monate alt war. Sie wechselten mehrmals ihre Adressen in Warschau, aber ihre Wohnungen befanden sich immer in der Nähe der Prachtstraße Krakowskie Przedmieście, wo bis heute das Herz des hauptstädtischen Kulturlebens schlägt.
Fryderyk wuchs in einem musikalischen Haus auf, in dem oft Gesang und Musik an verschiedenen Instrumenten erklangen: Klavier, Flöte oder Geige. Kein Wunder also, dass er schon als kleiner Junge seine ersten Musizierversuche unternahm. Mit sechs erhielt er bereits regulären Klavierunterricht. Sein erster Lehrer war Wojciech Żywny, ein Pianist tschechischer Abstammung, der sehr schnell eine besondere Begabung seines Schülers entdeckte.
Fryderyk wurde in den Salons des Warschauer Hochadels gefeiert und die begeisterte Hauptstadtpresse berichtete von einem Jungen, der noch vor Vollendung des achten Lebensjahres seine ersten Werke komponierte!

Tekla Justyna Chopin (1782-1861), Fryderyks mutter. Jan Zamoyski, öl auf leinwand, 1969. Quelle: NIFC.

Mikołaj Chopin (1771-1844), Fryderyks vater. Jan Zamoyski, öl auf leinwand, 1969. Quelle: NIFC.

Fryderyk Chopin (1810-1849). Maksymilian Fajans, lithografie nach Ary Scheffer, 19.jh., Quelle: NIFC.

Ludwika (Luise) Marianna Chopin (1807-1855), Fryderyks Schwester. Jan Zamoyski, öl auf leinwand, 1969. Quelle: NIFC.

Justyna Izabella Chopin (1811-1881), Fryderyks Schwester. Jan Zamoyski, öl auf leinwand, 1969. Quelle: NIFC.

Emilia Chopin (1812-1827), Fryderyks Schwester, miniatur auf elfenbein, maler unbekannt. Quelle: NIFC.
Nicht nur Musik.
Der Name „Chopin” wird mit Musik assoziiert, aber man darf nicht vergessen, dass Fryderyks Leben mit typischen Aktivitäten eines Jungen in seinem Alter erfüllt war. Nach der Zeit des Hausunterrichts besuchte er das Warschauer Lyzeum, das damals höchstes Ansehen genoss. Dort erlangte er ein vielseitiges Wissen und knüpfte Freundschaften an, die er bis ans Lebensende pflegte.
Fryderyk war bei seinen Schulkameraden sehr beliebt. Er gewann sie dank seinem fröhlichen Gemüt, ausgeprägten Sinn für Humor und der schauspielerischen Begabung: Er konnte nämlich mit seiner Gestik und Mimik verschiedene Personen hervorragend nachahmen. Die Freundschaften aus Schulzeiten wusste er bis ans Lebensende zu pflegen, was die erhalten gebliebene Korrespondenz belegt.
Die Ferien verbrachte er in der Regel auf dem Land, wo er an Ausflügen quer durch die Umgebung, an Jagden und Dorffesten teilnahm.
Einige Jahre später, bereits als Student am Warschauer Konservatorium, traf sich Chopin mit Freunden in trendigen Cafés, verabredete zu ersten Rendezvous und lief Schlittschuh auf zugefrorenem Fluss.
Leider schränkten behandlungsbedürftige Gesundheitsprobleme schon sehr früh verschiedene Lebensaktivitäten des jungen Chopin ein. Auch in dieser Lebenslage konnte er jedoch humorvolle Selbstdistanz behalten.
Im Herzen immer in der Heimat
Kurz nach Abschluss der Warschauer Musikschule (Szkoła Główna Muzyki) begann Fryderyk einen neuen Lebensabschnitt. Er begab sich 1830 nach Wien und erfuhr dort vom Ausbruch des Novemberaufstands. Obwohl er seine Heimat sehr vermisste, ließ er sich von der Familie überzeugen, nicht nach Polen zurückzukehren. Chopin reiste 1831 nach Paris aus und bald gehörte er zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der französischen Hauptstadt. Von seiner damaligen Popularität zeugen die Worte des polnischen Geigers und Komponisten Antoni Orłowski: „Allen Französinnen verdreht er den Kopf und macht alle Männer neidisch. Er ist jetzt Mode und bald werden sicherlich Handschule à la Chopin das Licht der Welt erblicken”.
In Paris lebte Chopin bis zu seinem Tod. Er starb im Alter von 39 Jahren, wahrscheinlich an Tuberkulose, und wurde auf dem Friedhof Père Lachaise beigesetzt. Chopins Herz wurde auf seinen Wunsch von dessen Schwester Ludwika nach Warschau gebracht.